Die Republik Belarus, die Russische Föderation und die Ukraine als Gründungsstaaten der UdSSR und Unterzeichner des Unionsvertrags von 1922 stellen fest, dass die UdSSR als völkerrechtliches Subjekt sowie als geopolitische Realität ihre Existenz beendet.
14 Gläser Wodka auf den Untergang der Sowjetunion
Beschluss zur Auflösung der Sowjetunion
Beschluss zur Auflösung der Sowjetunion
Mit den 'Belowescher Vereinbarungen', die im
Jahr 1991 von den Präsidenten der Ukraine, Belarus' und Russlands in
einem Landhaus in der Belowescher Heide in Belarus unterzeichnet wurden, wurde die Sowjetunion aufgelöst.
Die Vereinbarungen umfassten 14 Punkte, in denen Fragen zum zukünftigen
Verhältnis der drei Staaten zueinander geklärt wurden.
Der russische Präsident Boris Jelzin soll zur Feier des Tages schon
morgens auf jeden der 14 Punkte ein Glas Wodka getrunken haben und
danach nicht mehr in der Lage gewesen sein, die Vereinbarungen der
Presse zu verkünden. Die angesetzte Pressekonferenz musste auf den
Nachmittag verschoben werden.s
Mit dem Inkrafttreten der Beschlüsse endete die 69-jährige Geschichte der Sowjetunion. Eine Supermacht verschwand damit von der Landkarte, obwohl das unterzeichnete Dokument eigentlich die Gründung der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) beinhaltete – also einer Nachfolgerin der Sowjetunion. Wladimir Putin bezeichnete diesen Vorgang – die Auflösung der Sowjetunion – 2005 als „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“.
Hintergrund
Die Sowjetunion – Struktur und Begriffe
Hintergrund
Die Sowjetunion – Struktur und Begriffe
Die Sowjetunion war ein Zusammenschluss aus insgesamt 15 Teilrepubliken. Jede dieser Teilrepubliken war formal ein eigener Staat, mit eigenen staatlichen Institutionen und einer eigenen kommunistischen Partei. Die größte dieser Teilrepubliken war die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik.
Es entstand die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken – UdSSR/Sowjetunion. Diese Union hatte ihre eigenen staatlichen Institutionen. Sie wurde beherrscht von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU). Über lange Zeit lagen alle relevanten politischen Entscheidungen in den Händen der KPdSU. In den Teilrepubliken konnte nicht wirklich Politik gegen deren Willen gemacht werden.
Dies änderte sich aber in den 1980er-Jahren. Aus verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Gründen verloren die Unionsregierung und die KPdSU an Macht. Die Teilrepubliken gewannen Spielräume für eine eigenständigere Politik, weil die Unionsregierung immer weniger in der Lage und/oder gewillt war, die Teilrepubliken politisch zu kontrollieren. 1990 erklärten sich mehrere Teilrepubliken für unabhängig. Die Sowjetunion als Union von Teilrepubliken (u. a. der russischen, belarussischen und ukrainischen) existierte Anfang Dezember 1991 aber noch.
Hintergrundinformation
Die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) – eine neue Sowjetunion?
Hintergrundinformation
Die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) – eine neue Sowjetunion?
Die GUS war keine Nachfolgerin der Sowjetunion. Die Sowjetunion war eine streng geführte Diktatur, in der alle politischen Entscheidungen für alle Teile des Landes zentral getroffen und durchgesetzt wurden. Von einer Nachfolge konnte schon deshalb keine Rede sein, weil die Staaten, die die Sowjetunion gebildet hatten, ihre Unabhängigkeit erklärten. Diese wollten sie nie wieder aufgeben. Nur als unabhängige Staaten waren sie bereit, über einzelne Formen der Zusammenarbeit zu verhandeln. Obwohl die GUS bis heute existiert und auch einige gemeinsame Institutionen für wirtschaftliche Zusammenarbeit und kollektive Sicherheit hat, ist sie mit der Sowjetunion also keinesfalls vergleichbar.
Durften die das?
Die drei Präsidenten, die sich 1991 trafen, waren Vertreter ihrer Teilrepubliken. Sie trafen aber einen Beschluss, der die gesamte Union betraf. In den Jahren 1990 und 1991 verhandelten Vertreter der Republiken im Föderationsrat über die Zukunft der Sowjetunion, denn im Grunde war es die Zuständigkeit aller Staaten der Sowjet-Union, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Union weitergeführt werden sollte oder nicht.
Der Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, wurde von den drei Präsidenten der Teilrepubliken absichtlich umgangen und erst im Nachhinein informiert, weil er zu diesem Zeitpunkt noch für ein Weiterbestehen der Sowjetunion kämpfte. Die anderen Länder der Union wurden durch den Auflösungsbeschluss zunächst ebenfalls übergangen und erst später einbezogen.
Die drei Präsidenten hätten das Recht gehabt, den Austritt ihrer Länder aus der Sowjetunion zu erklären. Mit ihrer Aussage, dass die Sowjetunion aufgehört habe zu existieren, entschieden sie jedoch faktisch für die ganze Union der sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR). Sie lösten die Sowjetunion auf. Dass sie sich damit weit vorwagten, war ihnen bewusst. Man munkelte, dass der Präsident der Union, Michael Gorbatschow, sie sogar hätte festnehmen lassen können. Er tat es nicht und der Auflösungsbeschluss wurde auch international anerkannt. Gorbatschow blieb schließlich nichts weiter übrig, als zurückzutreten, da es die Sowjetunion, also den Staat, dessen Präsident er war, nicht mehr gab.
Folgen des Auflösungsbeschlusses
Alle, auch Gorbatschow, wussten, dass die Sowjetunion in ihrer damaligen Form nicht weiterexistieren konnte. Ob es möglich gewesen wäre, sie zu reformieren, um ihren Fortbestand zu sichern, ist bis heute umstritten. Man könnte also sagen, die drei Präsidenten beschleunigten das wahrscheinlich Unvermeidliche.
Aber was sie taten, taten sie sehr schnell. Die weitreichenden Folgen ihres Beschlusses wollten sie nicht lange diskutieren und für jedes Detailproblem eine Lösung finden. Details sollten später geklärt werden. Die Sache mit den 14 Wodkagläsern ist einerseits eine skurrile Geschichte, aber sie steht symbolisch für die Eile und Hemdsärmeligkeit, mit der das Riesenprojekt 'Auflösung der Sowjetunion' betrieben wurde. Die Belowescher Vereinbarungen umfassten 14 Punkte und passten auf fünf Seiten, während es unzählige unbeantwortete Fragen gab, wie die Zukunft der ehemaligen Sowjetrepubliken und ihr Verhältnis untereinander ohne Sowjetunion aussehen sollte.
Diese Eile sorgte in den Nachfolgestaaten für zahllose Probleme und Konflikte, die teilweise bis heute andauern.
Quelle
Der ehemalige belarussische Präsident und Mitunterzeichner der Belowescher Vereinbarungen, Stanislaw Schuschkewitsch, über das Ende der Sowjetunion im Jahr 2006 in einem Interview
Quelle
Der ehemalige belarussische Präsident und Mitunterzeichner der Belowescher Vereinbarungen, Stanislaw Schuschkewitsch, über das Ende der Sowjetunion im Jahr 2006 in einem Interview
Warum wird das Belowescher Abkommen heute von zwei seiner Teilnehmer kritisiert und warum beharren Sie weiterhin auf Ihrem Standpunkt?
Wollen wir mal ehrlich sein: Boris Jelzin wollte Gorbatschow loswerden, aber das Russische Imperium wollte er nicht zerstören. Er war absolut davon überzeugt, es gebe genug Kräfte und Hebel, dass alle wieder vor Russland kriechen und um Vergebung bitten würden. 1996 begriff er, dass daraus nichts mehr wird. Damals gab er erstmals zu, dass er es bedauert. In Beloweschskaja Puschtscha unterschrieb er jedoch mit größtem Vergnügen – und freiwillig. Was Leonid Krawtschuk betrifft, so denke ich, dass es bei ihm ein vorübergehender Gefühlsausbruch war. Er hat am 1. Juni 2005 im Parlament der Ukraine gesagt, dass - wenn er gewusst hätte, was in der Ukraine vor sich gehen würde – er sich eher die Hände hätte abhacken lassen, als das Belowescher Abkommen zu unterschreiben. Das waren sehr unschöne Worte. Wir haben uns später hier in Belarus getroffen und über die alten Zeiten gesprochen. Da habe begriffen, dass er stolz auf das ist, was damals geschah.
Was denken Sie heute, 15 Jahre später, über das unterzeichnete Abkommen, über alle seine Punkte? Waren sie richtig oder würden Sie einige ändern?
Das ist ein weltweit einzigartiges Abkommen, weil üblicherweise an solchen Abkommen monatelang gearbeitet wird. Es wird von allen Diensten paraphiert und zwischen den Unterzeichnerstaaten auf allen Ebenen abgestimmt – in rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht. Erst danach, wenn kein Strich mehr fehlt, wird unterschrieben. Aber hier wurde alles an einem Tag gemacht.
Darstellung
Ungeklärte Folgeprobleme, eine Sammlung
Darstellung
Ungeklärte Folgeprobleme, eine Sammlung
- Andere Republiken: Die übrigen Teilrepubliken waren überhaupt nicht oder zu spät informiert worden, dass die Union, deren Teil sie ja auch waren, aufgelöst werden sollte.
- Nationalitätenfrage: Die Struktur und Politik der Sowjetunion hatte dazu geführt, dass sich die verschiedenen Nationalitäten miteinander vermischten. Vor allem lebte in jeder Teilrepublik eine relativ große russische Bevölkerungsgruppe. Durch die Auflösung der Union wurden nun beispielsweise Millionen Russen in den neu geschaffenen Nationalstaaten zu Ausländern.
- Wirtschaftsverflechtungen: Die Sowjetunion hatte ein arbeitsteiliges, zentral gesteuertes Wirtschaftssystem. Keine Teilrepublik produzierte selbst alle Dinge, die sie benötigte. Waren und Rohstoffe aus anderen Republiken (z. B. Gas und Öl aus der russischen, Maschinen und Getreide aus der ukrainischen und Baumwolle aus der kasachischen Sowjetrepublik) wurden zentral gesteuert umverteilt. Diese Steuerung fiel nun plötzlich weg. Auf welcher Grundlage sollten Waren und Rohstoffe zukünftig ausgetauscht und gehandelt werden?
- Militär: Das sowjetische Militär hatte überall in den Teilrepubliken Militärstützpunkte. Einer von ihnen war z. B. der Militärhafen Sewastopol auf der Halbinsel Krim. Dort lag die gesamte sowjetische Schwarzmeerflotte vor Anker. Die Krim gehörte nach der Auflösung der Sowjetunion zur Ukraine. Wem gehörte jetzt der Hafen, wem die Schiffe?
- Atomwaffen: In der Sowjetunion waren in verschiedenen Teilrepubliken Atomwaffen stationiert: der russischen, der belarussischen, der ukrainischen und der kasachischen. Was sollte langfristig mit diesen Waffen geschehen?
Die Auflösung der Sowjetunion und heutige Konflikte
Die Sowjetunion hat sich vor mehr als 30 Jahren aufgelöst. Das ist
eine lange Zeit, um die Probleme, die 1991 verursacht wurden, zu lösen.
Oftmals wurden die Probleme jedoch nicht gelöst oder sogar bewusst
weiter angefacht und von bestimmten Politikern dazu genutzt, um neue
Krisen zu provozieren.
Die Krisen, Verletzungen und Ungerechtigkeiten
von heute haben also häufig eine lange Vorgeschichte. Und bei vielen
dieser Konflikte in den sowjetischen Nachfolgestaaten beginnt diese
Geschichte im Jahr 1991. Das berechtigt indes keinen heutigen
Politiker dazu, Kriege zu beginnen – nicht in Georgien, nicht in
Bergkarabach und auch nicht in der Ukraine.
Zeitungsartikel
Interview über den Sprachenstreit in der Ukraine vom 6. März 2014
Zeitungsartikel
Interview über den Sprachenstreit in der Ukraine vom 6. März 2014
Im Jahr 2014 wollten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) versuchen, die angespannte Lage in der Ukraine zu beruhigen. Zu dieser Zeit war eine neue Regierung in der Ukraine an die Macht gekommen, Russland hatte die Krim annektiert und führte im Osten der Ukraine einen unerklärten Krieg. Das Interview wurde mit dem ehemaligen norwegischen Außenminister Knut Vollebaek geführt.
ZEIT ONLINE: In der Ukraine sind die ethnischen Russen eine Minderheit. Wie wurden die Rechte dieser Gruppe vor den Umwälzungen der vergangenen Monate gesichert?
Vollebaek: Als ich 2007-08 meine Arbeit in der Ukraine aufgenommen habe, gab es einige Probleme mit der Nutzung der russischen Sprache in Medien, Schulen und Gerichten. Uns war es wichtig zu unterstreichen, dass die ukrainischen Behörden verantwortlich für die Sicherung der Rechte der Russen waren. Das bedeutete nicht, dass Russisch eine gleichgestellte Sprache sein sollte - keine internationale Konvention verlangt das.
Aber jede Minderheit hat ein Recht darauf, ihre Muttersprache zu vermitteln und zu benutzen. Es gab keine Diskriminierung, weil Russisch offen und umfassend benutzt wurde. Im Hinblick auf die Medien hat die Situation sich unter Janukowitsch geändert. Seine Partei und seine Sympathisanten im Osten hatten ein Interesse daran, sich für die russische Minderheit einzusetzen.
ZEIT ONLINE: Russland behauptet, es muss die russische Minderheit schützen. Ist da was dran?
Vollebaek: Ich mache mir Sorgen, wenn Russland oder andere damit argumentieren, dass sie Brüder und Schwestern in einem Nachbarland schützen müssen. Das Land, in dem man wohnt, ist dazu verpflichtet, die jeweiligen Rechte zu sichern. Wenn man konkrete Übergriffe oder Diskriminierung aufzeigen will, gibt es heute eine Reihe von internationalen Institutionen, an die man sich wenden kann, nicht zuletzt die OSZE und den Europarat.
Bevor man zu bilateralen Aktionen greift, muss man das versuchen, sonst entsteht Anarchie. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir ein umfassendes Netz von rechtlich bindenden Abkommen aufgebaut, um Stabilität zu sichern. Dahinter darf man nicht zurückfallen.
In diesem Zusammenhang ist das Ausstellen von Pässen sehr relevant. Die Bolzano/Bozen-Empfehlungen der OSZE von 2008 machen klar, dass das Ausstellen von Pässen für eine ethnische Gruppe, bei der es sich um Staatsbürger eines Nachbarlandes handelt, provozierend und destabilisierend wirken kann. Unter anderem die Ukraine wollte diese Empfehlungen politisch bindend machen.
Mehrere Länder benutzen heute ethnische Gruppen in den Nachbarstaaten, um nationale politische Interessen durchzusetzen. Das ist Anlass zur Sorge, weil dadurch die Autorität der jeweiligen Regierungen untergraben wird. Die Tendenz ist, dass Ethnizität häufiger instrumentalisiert wird.
Janukowitsch: Victor Janukowitsch war von 2010 bis 2014 Präsident der Ukraine. Er kam als Kandidat der 'Partei der Regionen' ins Amt, die sich vor allem als Vertreterin der in der Ostukraine und auf der Krim lebenden russischsprachigen Ukrainer sieht.