In einigen Fällen, wenn junge Menschen mit dem Gesetz in Konflikt geraten und dabei jemandem Schaden zufügen, kann ein Täter-Opfer-Ausgleich stattfinden. In diesem Abschnitt erfährst du mehr über die Bedingungen und Ziele dieses Ausgleichs. Außerdem beschäftigst du dich mit dem Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit, da nicht immer alles, was rechtlich erlaubt ist, als gerecht empfunden wird.
Leben im Rechtsstaat
Versuchte Wiedergutmachung: Der Täter-Opfer-Ausgleich
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Urheber: Digitale Lernwelten GmbH
Der Text zum Audio
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Mediator (M): Guten Tag, Frau Schmidt, hallo Tom. Wir treffen uns hier zum Täter-Opfer-Ausgleich. Das Ziel soll eine gütliche Einigung sein. Damit sollen strafrechtliche Folgen vermieden werden.
Ein paar wichtige Informationen vorneweg. Die Teilnahme an diesem Gespräch ist für alle Beteiligten freiwillig. Begleitet wird das Gespräch von einem ausgebildeten Konfliktberater. Das bin in diesem Fall ich. Ich achte darauf, dass der Prozess fair und ausgewogen verläuft.
Täter und Opfer haben die Möglichkeit, miteinander zu sprechen und ihre Gefühle, Bedenken und Bedürfnisse auszudrücken.
Der Täter kann bereit sein, Wiedergutmachung für den angerichteten Schaden zu leisten.
Am Ende des Prozesses kann eine schriftliche Vereinbarung zwischen Täter und Opfer festgehalten werden. Darin können die Bedingungen für die Wiedergutmachung und mögliche weitere Schritte festgelegt werden.
Das Gespräch soll die Offenheit, den Dialog und das Verständnis zwischen Täter und Opfer fördern. Ziel ist es, die Konflikte zu lösen und die Wiederherstellung des Vertrauens zu erreichen.
Wir treffen uns hier, um über die Sachbeschädigung zu sprechen, die vor Wochen stattgefunden hat. Tom, du bist der Beschuldigte. Frau Schmidt, Sie sind das Opfer. Tom, schilderst du bitte zunächst den Vorfall aus deiner Sicht.
Tom (T): Ja, also, Frau Schmidt, es tut mir leid, dass ich das getan habe. Das will ich gleich zu Beginn sagen. Es war ein großer Fehler. Ich war in dieser Nacht sehr frustriert und wütend. Deshalb habe ich die Scheibe Ihres Gartenhäuschens eingeschlagen. An dem Tag war einfach alles schiefgelaufen: In der Schule eine 6 rausbekommen und am Abend beim Ausgehen hat mich ein Mädchen, auf das ich stehe, total abblitzen lassen.
M: Danke, Tom, dass du das offen zugibst. Frau Schmidt, wie haben Sie sich bei der Sachbeschädigung gefühlt?
Frau Schmidt (S): Es war sehr beängstigend, als ich das Klirren der Scheibe hörte. Ich hatte Angst, weil ich nicht wusste, wer das war und warum jemand so etwas getan hat. Außerdem hatte ich Angst, dass dann auch in mein Haus eingebrochen wird.
M: Danke, Frau Schmidt. Jetzt verstehen wir den Vorfall besser. Tom, möchtest du dich bei Frau Schmidt entschuldigen?
T: Ja, das will ich. Frau Schmidt, es tut mir sehr leid, dass ich die Scheibe eingeschlagen und Ihnen Angst gemacht habe. Das war falsch! Ich hätte das nicht tun dürfen.
S: Danke, Tom. Ich schätze deine Entschuldigung.
M: Gut. Nun: Wie machen wir weiter? Tom, hast du darüber nachgedacht, wie du den Schaden wieder gutmachen könntest?
T: Ja. Ich bin natürlich bereit, die Kosten für die Reparatur der Scheibe zu übernehmen und mich bei Frau Schmidt zu entschuldigen.
S: Das klingt fair. Ich denke, das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
M: Das ist gut zu hören. Tom, würdest du dich auch dazu verpflichten, dir professionelle Hilfe zu suchen, um deine Wut besser zu bewältigen?
T: Was bedeutet professionelle Hilfe?
M: Sozialpädagogen oder Therapeuten erarbeiten mit dir, was du tun kannst, wenn deine Wut hochkommt. Das kann allein oder in einer Gruppe mit Menschen, die ähnliche Schwierigkeiten haben, geschehen.
T: Ja, ich denke, das wäre eine gute Idee. Ich will ja auch, dass so etwas nicht noch einmal passiert.
M: Schön … Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Versöhnung. Frau Schmidt, sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden?
S: Ja, das bin ich. Ich schätze Toms Bereitschaft, Verantwortung für das Geschehene zu übernehmen. Das hilft mir.
M: Sehr gut. Wir halten jetzt alle Vereinbarungen schriftlich fest, um sicherzustellen, dass sie eingehalten werden. Ich hoffe, dass dies der erste Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Ihnen beiden sein kann.
Aufgabe
Was denkst du darüber?
Wäre Toms Entschuldigung für dich ausreichend? Hast du sie überzeugend gefunden? Glaubst du, er hat sie aufrichtig gemeint?
Teile deine Gedanken mit deinen Mitschülern und Mitschülerinnen und diskutiere darüber!
Merkwissen für deine Notizen
Übernimm das folgende...
Täter-Opfer-Ausgleich
Voraussetzungen:
- Der geständige Täter oder die Täterin war zur Zeit der Tat zwischen 14 und 21 Jahre alt.
- Sowohl der Täter bzw. die Täterin als auch das Opfer stimmen dem Täter-Opfer-Ausgleich zu.
- Für Minderjährige ist die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten erforderlich.
Vorteile und Nutzen
Ist Recht immer auch gerecht?
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Findest du die Kündigung gerechtfertigt?
Diese Antwortmöglichkeiten können dir helfen:
A. Ich finde die Kündigung gerechtfertigt, weil ...
- ... jede Tat Folgen haben muss.
- ... es wichtig ist, alle Taten gleich zu behandeln.
- ... Verbrechen sonst „normalisiert“ werden.
B. Ich finde die Kündigung nicht gerechtfertigt, weil ...
- … der Wert des Diebstahls gering war.
- ... die Angestellte sowieso nicht viel verdient.
- ... unklar ist, wem die Bons gehören.
- ... dem Supermarkt kein wirklicher Schaden entstanden ist.
Wie würdest du entscheiden, wenn die Kassiererin ...
- ... nur wenig verdienen würde?
- ... erst seit kurzem im Supermarkt beschäftigt wäre?
- ... nicht fließend Deutsch sprechen würde?
- ... deine Nachbarin wäre?
Aufgabe
Tausche deine Ansichten mit deinen Klassenkameraden in einer Diskussion aus!
Darf man nicht mal mehr sein Smartphone laden?
Nehmen wir an, es gibt keine Verbote für Smartphones an deiner Schule. Am Vormittag bemerkst du, dass dein Smartphone fast leer ist, aber du brauchst es für deine Busfahrkarte auf dem Heimweg. Darfst du es dann an der Steckdose im Klassenzimmer aufladen?
Informiere dich dazu über § 242 des Strafgesetzbuchs (StGB) im Kasten unten.
§ 242 StGB
§ 242 StGB
§ 242 Diebstahl
(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Aufgabe
Ob eine Handlung als gerecht oder ungerecht angesehen wird, hängt immer von der Perspektive und den individuellen Interessen ab. Doch es gibt klare Regeln, die in solchen Streitfällen angewendet werden müssen.
Dennoch sind Regeln nicht unveränderlich. In der Eisdiele hättest du einfach nachfragen können, ob du dein Smartphone aufladen darfst. Es gibt Situationen, in denen ein sogenanntes Salomonisches Urteil gefällt werden kann.
Lies und höre hier, was es mit dem Salomonischen Urteil auf sich hat:
Salomonisches Urteil
Salomonisches Urteil
Das „Salomonische Urteil“ beschreibt eine Entscheidung oder ein Urteil, das häufig als besonders klug und gerecht betrachtet wird. Dieser Begriff entstammt einer alten Geschichte über König Salomo im Alten Testament der Bibel.
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Ein „Salomonisches Urteil“ beschreibt also eine Entscheidung, bei der man auf kluge Weise eine faire Lösung für ein Problem findet. Oft geschieht dies, indem man die Bedürfnisse der Beteiligten erkennt und nach gerechten Prinzipien handelt.
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