Wie wurde die Weimarer Republik zu einer Republik ohne Republikaner? DafĂŒr und fĂŒr das Scheitern der Republik insgesamt gibt es viele GrĂŒnde â die harten Auflagen des Versailler Friedensvertrags, die Fehler in der Verfassung, die Weltwirtschaftskrise und noch einige mehr. Hier wollen wir uns aber nur mit einem Grund befassen: den Gegnern der Republik im Innern. Es gab in der Weimarer Republik von Anfang an Menschen, die diese Republik ablehnten, bekĂ€mpften und untergehen sehen wollten. Sie waren nicht die Mehrheit, aber sie saĂen oft an wichtigen Stellen des Staates, und den Republikanern gelang es nicht, diese Gegner wirksam zu bekĂ€mpfen und in ihre Schranken zu verweisen.
Der Feind im Inneren
Darstellung
Wer waren die Feinde im Innern
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Wer waren die Feinde im Innern
- Antidemokratische Parteien: KPD, DNVP und spĂ€ter die NSDAP lehnten offen die Demokratie ab. Sie kĂ€mpften dennoch in demokratischen Wahlen um Stimmen und lieĂen sich in den Reichstag wĂ€hlen. Von hier aus behinderten sie die parlamentarische Arbeit und griffen die Regierung sowie das demokratische System an.
- 'Kaisertreue' Beamte und Offiziere: Sowohl die Reichswehr als auch die Verwaltung und Justiz der Weimarer Republik waren voll von Menschen, die aus dem alten Kaiserreich ĂŒbernommen worden waren und den neuen Staat ablehnten.
- Putschisten und Terroristen: Es gab in der Weimarer Republik mehrere verbrecherische Gruppen, die den Staat mit terroristischen AnschlĂ€gen bekĂ€mpften oder eine MachtĂŒbernahme des MilitĂ€rs planten. Demokratische Politiker wurden ermordet und mehrere Putschversuche mussten abgewehrt werden.
Tod eines Finanzministers â eine Geschichte aus der Weimarer Republik
Am 26. August 1921 wurde der Finanzminister und Zentrumspolitiker Matthias Erzberger beim Spazierengehen mit einem Freund von zwei ehemaligen Wehrmachtsoffizieren abgepasst und erschossen. Erzberger war ĂŒberzeugter Republikaner, er hatte bis 1920 in der Regierung als Finanzminister gearbeitet. FĂŒr die Gegner der Republik war er schon deshalb ein Feindbild, aber noch viel mehr, weil er nach Kriegsende zu den Politikern in Deutschland gehörte, die sich fĂŒr eine Annahme der als sehr hart empfundenen Versailler Friedensbedingungen aussprachen.Â
Galerie: Matthias Erzberger
Quelle
Gedicht des linken Journalisten Kurt Tucholsky zum Tode Erzbergers
Quelle
Gedicht des linken Journalisten Kurt Tucholsky zum Tode Erzbergers
GehaĂt, weil du Konkursverwalter
der Pleitefirma Deutsches Reich,
liegst du zerschossen als ein kalter
und toter Mann â und Deutschland ist das gleich.
Es kostet nichts. In Blutkapiteln
erlebten wirs â was kriegt solch Vieh?
Den AuslandspaĂ â âșNichts zu ermittelnâč:
so kÀmpft der Geist der Monarchie.
GehaĂt, weil du Zivilcourage
den Herren vom Monokel zeigst â
weil du schon Siebzehn die Blamage
der Ludendörffer nicht verschweigst ...
Das kann der Deutsche nicht vertragen:
dass einer ihm die Wahrheit sagt,
dass einer ohne Leutnantskragen
den Landsknechtgeist von dannen jagt.
So fielst du. Hinter deiner Bahre
gehn grinsend, die den Mord gewollt:
in Uniform und im Talare
der wildgewordne Teutobold.
Und wie dein Blut die Steine netzte,
da atmet auf das MilitÀr.
Es kondoliert, wer grad noch hetzte ...
Du warst der Erste nicht â bist nicht der Letzte.
Prost Helfferich! Der kommt nicht mehr.
Ludendörffer: Erich Ludendorff, deutscher General, zusammen mit Paul von Hindenburg Oberbefehlshaber der deutschen Truppen im Ersten WeltkriegÂ
Helfferich: nationalistischer deutscher Politiker, hetzte öffentlich gegen Erzberger, mehr Informationen finden Sie weiter unten im Kapitel
Die Mörder
Erschossen wurde Erzberger von zwei ehemaligen Wehrmachtsoffizieren, den Auftrag dazu hatte ebenfalls ein ehemaliger Offizier gegeben. Alle Beteiligten waren Mitglied in der rechtsterroristischen Organisation Consul. Ihre Mitglieder waren Soldaten des Ersten Weltkriegs, die die Republik hassten und versuchten, sie durch Attentate und TerroranschlĂ€ge zu destabilisieren. UnterstĂŒtzt wurden sie dabei von Sympathisanten in der Armee, der Polizei und dem Staatsapparat. Den Mördern und dem Auftraggeber gelang durch diese UnterstĂŒtzung die Flucht ins Ausland. 1933, nach der MachtĂŒbernahme der Nationalsozialisten, kehrten sie zurĂŒck.
Galerie: Feinde der Republik I
Aufgabe
Rechter Terror in der Weimarer Republik
Aufgabe
Rechter Terror in der Weimarer Republik
- Sehen Sie sich das ErklĂ€rvideo zum Terrorismus an. Beurteilen Sie dann, ob es sich beim Attentat auf Erzberger um Terrorismus handelte oder nicht. BegrĂŒnden Sie Ihr Urteil mit Informationen aus dem Video.
- ErklÀren Sie mit Darstellungskasten 10, warum Matthias Erzberger zum Ziel der Organisation Consul wurde. Beziehen Sie sich dabei auch auf den Inhalt der Galerie: Matthias Erzberger.
- Beschreiben Sie den Eindruck, den das Lied im Exkurskasten 11 auf Sie macht. Gehen Sie dabei auf das VerhÀltnis von Melodie sowie Stil und Inhalt des Textes ein.
Darstellung
Klare Feinde, vage Ziele
Darstellung
Klare Feinde, vage Ziele
Auch die Satzungen der Organisation C.
[âŠ] bieten eine Mischung von konservativen und völkischen
Gedanken. Genau bezeichnet werden die Gegner, die es zu bekÀmpfen
gilt, nÀmlich die Juden, die Sozialdemokraten, linksradikale KrÀfte
und die Weimarer Verfassung, wÀhrend die Ziele des Kampfes einzig
mit dem umfassenden, aber letztlich inhaltsleeren Begriff ânationalâ
umschrieben werden.
Exkurs
Auch Terroristen singen Lieder
Exkurs
Auch Terroristen singen Lieder
Hinweis: Im nachfolgenden Video vertont ein Musiker ein Lied, das von Soldaten der 'Marine-Brigade Ehrhardt', der VorgĂ€ngerorganisation der Organisation Consul, gesungen wurde. Der Text des Liedes ist antisemitisch und ruft zu politischer Gewalt auf.Â
Die Hetzer
Die Deutschnationale Volkspartei DNVP war eine der Parteien im Reichstag, die der Republik von Anfang an als Gegner gegenĂŒberstanden. Es ist Aufgabe einer Oppositionspartei in einem Parlament, die Regierung zu kontrollieren, zu kritisieren und anzugreifen. Die DNVP tat aber mehr als das. Sie beleidigte Regierungsmitglieder direkt, warf ihnen Verrat am Volk vor und 'Angestellte der SiegermĂ€chte' zu sein. Sie verunglimpfte das gesamte parlamentarische System als eines, dass nur den Feinden im Ausland dazu dienen sollte, das deutsche Volk zu unterdrĂŒcken. Der DNVP-Politiker Karl Helfferich (1872â1924) griff Erzberger und anderer Politiker wiederholt in Schriften und Reden direkt an. Er unterstellte ihm Verrat am Reich, Korruption und Meineid.Â
Galerie: Feinde der Republik II
Aufgabe
Politischer Streit oder Hetze?
Aufgabe
Politischer Streit oder Hetze?
- Erarbeiten Sie die VorwĂŒrfe, die Kanzler Wirth den Politikern der rechten Parteien im Quellenkasten 16 macht.Â
- Definieren Sie auf Basis von Wirths Rede zwei Kategorien: Was ist erlaubter, ja notwendiger parlamentarischer Streit? Und was ist unerlaubte politische Hetze? Woran wird die Grenze zwischen beidem festgemacht? Denken Sie sich fĂŒr jede der beiden Kategorien drei Beispiele politischen Handelns oder politischer Rede aus.
- Untersuchen Sie den Text 'Fort mit Erzberger' (Quellenkasten 15) nach den Kategorien aus Antwort 2. Zu welcher Kategorie gehört er? BegrĂŒnden Sie Ihre Antwort.
Quelle
Auszug aus dem Text 'Fort mit Erzberger' von Karl Helfferich
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Auszug aus dem Text 'Fort mit Erzberger' von Karl Helfferich
Hinweis: Der Text unten stammt aus der von Helfferich verfassten BroschĂŒre 'Fort mit Erzberger'. Sie erschien 1919 in Alfred Hugenbergs (siehe Galerie oben) Scherl-Verlag und umfasste ganze 83 Seiten.
Das ist Herr Erzberger, der wÀhrend des Waffenstillstands der Entente half, uns finanziell zu knebeln, der unsere Handelsflotte in die HÀfen der Entente steuerte!
Das ist Herr Erzberger, der uns nach Versailles gefĂŒhrt hat, der wĂ€hrend der Friedensverhandlungen den Feinden seine Bereitwilligkeit zu erkennen gab, den Schand- und Knechtschaftsfrieden bedingungslos zu unterzeichnen [âŠ]
Das ist Herr Erzberger, dessen Namen trotzdem fĂŒr alle Zeit mit Deutschlands Not und Deutschlands Schmach unlösbar verbunden sein wird! [âŠ]
Deshalb gibt es fĂŒr das deutsche Volk nur eine Rettung. Ăberall im Lande muĂ mit unwiderstehlicher Gewalt der Ruf ertönen: Fort mit Erzberger!
Quelle
âDieser Feind steht rechts!â Rede des Reichskanzlers Joseph Wirth am 25. Juni 1922
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âDieser Feind steht rechts!â Rede des Reichskanzlers Joseph Wirth am 25. Juni 1922
Hinweis: Die folgende Rede wurde am 25. Juni 1922 nach der Ermordung von ReichauĂenministers Walther Rathenau gehalten. Rathenau war nach Erzberger der zweite hochrangige Politiker, der von rechten Terroristen ermordet wurde.
Wie weit die Vergiftung in Deutschland geht, will ich einmal an einem Beispiel zeigen. Ich verstehe, daĂ man an der Politik der Regierung, an unserem Verhalten persönlicher und politischer Art Kritik ĂŒben kann. Warum nicht? Ich verstehe auch ein scharfes Wort, verstehe auch Hohn und Spott im politischen Kampf, verstehe die Verzerrung zur Karikatur. Ziel und Richtung unserer Politik â das ist, glaube ich, oder sollte es wenigstens sein, Gemeingut des ganzen Hauses â Ziel und Richtung unserer Politik ist die Rettung der deutschen Nation.
(Lebhafte Zustimmung.)
Die Methode, meine Damen und Herren, die ist strittig. In Fragen der Methode aber sollten sich Söhne des deutschen Volkes mindestens immer mit der Hochachtung begegnen, die es uns ermöglicht, vor dem Ausland als eine einheitliche Nation ĂŒberhaupt aufzutreten.
(StĂŒrmischer Beifall links und in der Mitte.)
Wenn wir nun die Politik der letzten Jahre ĂŒberschauen, so hat es, wie ich Ihnen sagen darf, herbe EnttĂ€uschungen gegeben, tiefster Schmerz hat sich in unsere Seele dann und wann gesenkt, und wir haben das Zittern des deutschen Volkskörpers in seiner Arbeiter- und Beamtenschaft erlebt. Meine Damen und Herren, da glaubt nun ein Reichstagskollege folgendes schreiben zu können:
(Zuruf von links: Namen nennen!)
â Der Name kommt noch. â Er spricht in seinem Blatte von Forderungen ĂŒber neue VertrĂ€ge, die notwendig sind, um die Arbeiter und Beamten in ihren BezĂŒgen aufzubessern. Dann fĂ€hrt der betreffende Kollege fort:
»Die jetzige Regierung ist in Wirklichkeit nur eine, vom Deutschen Reich zwar bezahlte, Angestellte der Entente, die ihre Forderungen und Vorschriften einfach zu erfĂŒllen hat; sonst wird sie einfach auf die StraĂe gesetzt und ist brotlos.«
(StĂŒrmische Rufe: Hört! Hört!, und erregte Pfuirufe. â GroĂe Unruhe.)
Können Sie sich eine gröĂere EntwĂŒrdigung von Menschen denken, die, wie wir, seit Jahresfrist an dieser Stelle stehen? Steigt Ihnen (zu den Deutschnationalen) da nicht auch die Schamröte ins Gesicht?!
(Anhaltende Rufe links: Wer ist das? â Unruhe.)
- Das Deutsche Tageblatt, Herausgeber Reinhold Wulle. Aber, meine Damen und Herren, die Sache hat noch eine gröĂere Bedeutung! Hier liegt nicht nur eine redaktionelle Verantwortung vor, sondern dieser Artikel mit den schmĂ€hlichsten Beleidigungen ist ausdrĂŒcklich geschrieben von Reinhold Wulle, Mitglied des Reichstags.
(Erneute erregte Pfuirufe.)
Das ist Ihr Kollege (zu den Deutschnationalen).
(Anhaltende groĂe Unruhe und erregte Zurufe links.)
Ich darf fortfahren. Nun kommt er zum SchluĂ und sagt von uns, die wir hier seien, um unser Brot zu verdienen, die wir Ententeknechte seien, die wir deshalb die Politik machen, damit wir der Entente gefallen und dadurch eine Anstellung haben:
»... nur daĂ diese Kreise von der Arbeiterschaft nicht zu dem SchluĂ kommen, daĂ das ganze System zum Teufel gejagt werden muĂ, weil wir in Berlin eine deutsche Regierung, aber keine Ententekommission brauchen.«
(Lebhafte Rufe: Hört! Hört! â GroĂe Unruhe.)
Meine Damen und Herren! Wo ist ein Wort gefallen im Laufe des Jahres von Ihrer Seite gegen das Treiben derjenigen, die die MordatmosphÀre in Deutschland tatsÀchlich geschaffen haben?!
(Lebhafter Beifall und Zurufe.)
Da wundern Sie sich ĂŒber die Verwilderung der Sitten, die damit eingetreten ist?
(Erneute stĂŒrmische Zustimmung.)
Wir haben in Deutschland geradezu eine politische Vertiertheit.
(Sehr wahr! sehr wahr!)
Ich habe die Briefe gelesen, die die unglĂŒckliche Frau Erzberger bekommen hat. Wenn Sie, meine Herren, diese Briefe gesehen hĂ€tten â die Frau lehnt es ab, sie der Ăffentlichkeit preiszugeben â, wenn Sie wĂŒĂten, wie man diese Frau, die den Mann verloren hat, deren Sohn rasch dahingestorben ist, deren eine Tochter sich dem religiösen Dienst gewidmet hat, gemartert hat, wie man in diesem Briefen der Frau mitteilt, daĂ man die GrabstĂ€tte des Mannes beschmutzen will, nur um Rache zu ĂŒben - -
(andauernde steigende Erregung auf der Linken. Unruhe und erregte Zurufe: Schufte!)
- Meine Herren (nach links), halten Sie doch ein wenig ein.
(Andauernde Erregung und Rufe. â Glocke des PrĂ€sidenten.)
Ich bitte die Vertreter der Ă€uĂersten Linken, bei den kommenden AusfĂŒhrungen, die ich zu machen habe, sich etwas zurĂŒckzuhalten! â Wundern Sie (nach rechts) sich, wenn unter dem EinfluĂ der Erzeugnisse Ihrer Presse der letzten Tage Briefe an mich kommen, wie ich hier einen von gestern in der Hand habe, der die Ăberschrift trĂ€gt: »Am Tage der Hinrichtung Dr. Rathenaus!«
(lebhafte Rufe: Hört! Hört!)
- wundern Sie sich dann, meine Herren, wenn eine AtmosphÀre geschaffen ist, in der auch der letzte Funke politischer Vernunft erloschen ist?
[...]
In jeder Stunde, meine Damen und Herren, Demokratie! Aber nicht Demokratie, die auf den Tisch schlĂ€gt und sagt: wir sind an der Macht! â nein, sondern jene Demokratie, die geduldig in jeder Lage fĂŒr das eigene unglĂŒckliche Vaterland eine Förderung der Freiheit sucht! In diesem Sinne, meine Damen und Herren, Mitarbeit! In diesem Sinne mĂŒssen alle HĂ€nde, muĂ jeder Mund sich regen, um endlich in Deutschland diese AtmosphĂ€re des Mordes, des Zankes, der Vergiftung zu zerstören!
Da steht (nach rechts) der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes trĂ€ufelt. â Da steht der Feind â und darĂŒber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts!
(StĂŒrmischer langanhaltender Beifall und HĂ€ndeklatschen in der Mitte und links und auf sĂ€mtlichen TribĂŒnen. â GroĂe langandauernde Bewegung.)
Die Justiz
Die Weimarer Republik war ein Rechtsstaat mit einer unabhĂ€ngigen Justiz. Die Richter, die gröĂtenteils aus dem untergegangenen Kaiserreich ĂŒbernommene Beamten waren, gingen ihrer Arbeit offiziell auf Basis der gĂŒltigen Gesetze nach. Kein Parteichef, Minister, Kanzler oder PrĂ€sident konnte ihnen Weisungen erteilen. Sie waren durch ihren Richtereid der neuen, demokratischen Verfassung verpflichtet, legten diese Verpflichtung jedoch ganz nach ihren eigenen Ăberzeugungen aus. Das Leben (und Sterben) Matthias Erzbergers liefert dafĂŒr einige Beispiele.
Darstellung
Fall 1: Der Beleidigungsprozess
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Fall 1: Der Beleidigungsprozess
Matthias Erzberger wehrte sich gegen Karl Helfferichs Unterstellungen und zeigte ihn wegen Beleidigung an. Das Gericht verurteilte Helfferich 1920 wegen ĂŒbler Nachrede zu 300 Mark Geldstrafe. Gleichzeitig stellte es fest, dass Helfferichs VorwĂŒrfe im Kern zutreffen wĂŒrden und er aus âvaterlĂ€ndischen GrĂŒndenâ gehandelt habe. Erzberger, nicht Helfferich, war damit öffentlich schlecht gemacht worden und trat von seinem Amt als Finanzminister zurĂŒck.
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Fall 2: Das erste Attentat
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Fall 2: Das erste Attentat
WĂ€hrend des Beleidigungsprozesses wurde Erzberger bereits Ziel eines Mordanschlags. Ein ehemaliger Soldat schoss zweimal auf ihn, als Erzberger das GerichtsgebĂ€ude verlieĂ. Erzberger ĂŒberlebte durch GlĂŒck (eine Kugel traf die Schulter, die andere prallte an einem metallenen Gegenstand in seiner Tasche ab). Der TĂ€ter wurde nur wegen gefĂ€hrlicher Körperverletzung angeklagt, nicht etwa wegen versuchten Mordes. Die Richter werteten seine âideale Gesinnungâ als strafmildernd. Sie sagten also, dass der TĂ€ter davon ĂŒberzeugt gewesen war, mit seinem Mordanschlag 'das Richtige' fĂŒr Deutschland zu tun und dass man ihn deshalb nicht zu hart bestrafen sollte. Er wurde zu 18 Monaten GefĂ€ngnis verurteilt.
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Fall 3: Der Drahtzieher der Ermordung
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Fall 3: Der Drahtzieher der Ermordung
Manfred von Killinger hatte den beiden Mördern Erzbergers den Auftrag zum Attentat gegeben. Die Ermittler kamen ihm auf die Spur und er wurde wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Trotz belastender Beweise sprach man ihn frei, in einem Revisionsprozess vor dem höchsten Deutschen Reichsgericht wurde der Freispruch bestĂ€tigt. Nach einem weiteren Attentat von Killingers Terrororganisation, diesmal an ReichsauĂenminister Walter Rathenau, wurde von Killinger erneut angeklagt und diesmal wegen âGeheimbĂŒndeleiâ zu acht Monaten GefĂ€ngnis verurteilt. Das Urteil wurde aber nicht vollstreckt.
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Eine Statistik zu politischen Morden und Verurteilungen in der FrĂŒhen Weimarer Republik
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Eine Statistik zu politischen Morden und Verurteilungen in der FrĂŒhen Weimarer Republik
Hinweis: Der Mathematiker Emil Julius Gumbel (1891â1966) veröffentlichte 1922 sein Buch 'Vier Jahre politischer Mord'. In diesem Buch zĂ€hlt er alle zwischen 1919 und 1922 bekannt gewordenen politischen Morde auf. Er sortiert diese Morde nach der Frage, ob sie von linken oder rechten TĂ€tern verĂŒbt wurden. Dann vergleicht er die jeweiligen Urteile der Weimarer Justiz zu diesen Morden.
Morde von rechts | Morde von links | |
---|---|---|
Gesamtzahl | 354 | 22 |
verhÀngte Todesstrafen | 0 | 10 |
verhÀngte lebenslÀngliche Haftstrafen | 1 | 3 |
Gesamtzeit verhÀngte Haftstrafen | 90 Jahre, 2 Monate | 248 Jahre, 9 Monate |
Gesamthöhe verhÀngte Geldstrafen | 730 Mark | 0 Mark |
Wenn Sie sich die Statistik von Gumbel selber anschauen wollen, finden Sie sein Buch hier. Die Statistik findet sich auf den Seiten 73 bis 81.
Zusammengestellt auf Basis von: E. J. Gumbel, Vier Jahre politischer Morde, Berlin (Verlag der neuen Gesellschaft) 1922, S. 78 und 80.
Aufgabe
Auf dem rechten Auge blind?
Aufgabe
Auf dem rechten Auge blind?
- Ein typischer Geschichtsbuchsatz ist âDie Weimarer Justiz war auf dem rechten Auge blind.â ErklĂ€ren Sie die Aussage dieses Satzes.
- Beurteilen Sie, ob der Satz zutrifft. Beziehen Sie sich dabei auf den Inhalt dieses Teilkapitels.
Aufgabe
Exkurs: Erinnerung an Matthias Erzberger
Aufgabe
Exkurs: Erinnerung an Matthias Erzberger
Recherchieren Sie im Internet nach Formen des Gedenkens an Matthias Erzberger (z. B. Gedenksteine und -veranstaltungen [2021 war sein 100. Todestag], Museen, nach ihm benannten StraĂen oder GebĂ€uden). Beurteilen Sie danach den Umgang in der heutigen BRD mit Matthias Erzberger. Ist er angemessen? BegrĂŒnden Sie Ihr Urteil.