In Eutrich bei Königswartha lebte vor Hunderten Jahren ein armer sorbischer Hirte. Er musste Gänse hüten und auch betteln. Bettelnd kam er eines Tages auch nach Schwarzkollm. Dort wirtschaftete in der Teufelsmühle ein im ganzen Land bekannter und gefürchteter Zauberer. Der Junge gefiel dem Müller und er fragte: „Würdest du bei mir bleiben wollen? Hier wird es dir nicht schlecht ergehen und viel lernen kannst du auch.“ Und Krabat blieb in der Mühle und wurde der zwölfte Müllerbursche des Müllers. Eigentlich lernten aber alle Burschen das schwarze Handwerk. Und jedes Mal, wenn ein Jahr sich dem Ende zuneigte, kam einer der Burschen ums Leben. Auch jetzt hatte der Müller nur elf Lehrlinge und Krabat musste die ungerade Zahl auffüllen.
Krabat war sehr begabt und hatte schnell das ganze Wissen des Müllers erlernt. Aber als sich das Jahr dem Ende zuneigte, wurde ihm bewusst, in welche Gefahr er sich begeben hatte. In großer Angst begann er zu überlegen, bis ihm endlich ein Gedanke kam. Er erbat sich vom Müller einige freie Tage und eilte nach Hause.
Dort weinte er bitterlich: Er wollte nicht so enden wie die Müllerburschen vor ihm und erklärte der Mutter seinen Plan. Sie müsse mit nach Schwarzkollm kommen und ihn freibitten. Der Zauberer würde alle Burschen in schwarze Raben verwandeln, die ihren Kopf nach links halten würden. „Ich selbst werde mich aber unter dem rechten Flügel rupfen. Daran erkennst du mich.“ Es geschah so, wie Krabat es beschrieben hatte. Als die Mutter vor den Raben stand, riet sie richtig und sprach mit fester Stimme: „Dieser ist mein Sohn!“ Der Schwarze Müller kochte vor Wut, aber musste Krabat freigeben. Und so ging der Junge glücklich mit seiner Mutter nach Hause nach Eutrich. Im Gehen stahl er dem Schwarzen Müller noch sein Zauberbuch, den Koraktor.
Zu Hause aber fand Krabat wieder das alte Elend vor, denn es gab kein Geld und kaum zu essen. „Vater, so kann es nicht bleiben. Wenn ihr kein Geld auftreiben könnt, so werde ich es tun“, sagte Krabat. Und so kam es, dass der Vater bald darauf mit einem dicken Ochsen auf dem Wittichenauer Viehmarkt stand. Krabat hatte sich in das schwarze Ungetüm verwandelt. Der Vater verkaufte Krabat für gutes Geld und der Junge entkam dem Händler bald darauf wieder, indem er sich in eine Schwalbe verwandelte. Das gleiche Spiel trieben Vater und Sohn ein weiteres Mal. Krabat verwandelte sich in ein stolzes Pferd. Doch der Schwarze Müller hatte seinen einstigen Lehrling aufgespürt, kaufte dem Vater das Pferd ab und ritt wie von Sinnen davon.
Und so kam es, wie es kommen musste: Krabat musste gegen den Schwarzen Müller kämpfen, um ihm ein zweites Mal zu entkommen. Als der Müller sich in einen Hahn verwandelte, um Krabat in Gestalt eines Getreidekorns zu fressen, verwandelte sich dieser schnell in einen Fuchs. Er zerbiss den Hahn und gewann den Kampf. So fand der gefürchtete Müller aus der Teufelsmühle sein Ende.
Nach seinem Sieg über den Schwarzen Müller musste Krabat dem Kurfürsten von Sachsen dienen. Er zog aus in den Krieg gegen die Türken. Doch dem Gegner gelang es, den Fürsten selbst gefangen zu nehmen. Die Generäle waren ratlos, was sollte man tun? „Gebt mir ein Pferd, schnell!“, rief da Krabat. Er schwang sich auf das Tier, erhob sich in die Lüfte und flog bis in das Lager der Türken. Er schaffte es, den Kurfürst zu befreien und verhalf ihm damit zum Sieg.
Als Belohnung für seine heldenhafte Rettung bekam Krabat das Gut in Groß Särchen geschenkt. Der Kurfürst und Krabat blieben befreundet und so flog der Zauberer regelmäßig in einer fliegenden Kutsche über Kamenz nach Dresden an den Hof.
Den Rest seines Lebens verwendete Krabat seine Wissenschaft zum Wohle der Bauern aus Groß Särchen und der Umgebung. Er machte die Felder der armen Landbevölkerung fruchtbar und verhinderte Unwetter. Als Krabat merkte, dass sein Leben sich dem Ende zuneigte, ließ er seine treuen Freunde zu sich kommen und sprach: „Wenn ich sterbe, schaut auf das Dach. Sitzt dort ein Rabe, dann ist das mein Verderben. Sitzt dort aber ein Schwan, so bin ich selig.“ Als Krabat starb, standen alle seine Untertanen vor dem Haus ihres geliebten Herren und schauten hinauf. Auf dem Dach saß ein weißer Schwan.