Holo:
Vielen Dank, verehrter Meister Rubens. Die Drahtfiguren, die Sie als Vorübung für eigene Figuren anfertigen ließen, erinnern mich an die Werke unseres nächsten Künstlers.
Rubens:
Ja, das stimmt, die Skulpturen habe ich hier in der Ausstellung bereits gesehen. Giacometti heißt er wohl. Auch wenn sein Name verheißungsvoll italienisch klingt, seine Werke sind nach meinem Empfinden - naja sagen wir einmal - gewöhnungsbedürftig. Also wenn ich meine vor Schönheit strahlenden, rundlich wohlproportionierten Körper ansehe, erscheint es mir rätselhaft, ob er überhaupt Lebensfreude hatte, vielleicht hat er Schlimmes erlebt? Es würde mich wirklich interessieren, was für ein Menschenbild dieser Giacometti wohl hatte.
Holo:
Bevor wir über andere sprechen, lassen wir den großartigen Künstler Alberto Giacometti, den wir nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Jahr 1948 zu uns geholt haben, doch selbst zu Wort kommen. Bitte treten Sie vor und erzählen Sie uns, wie es dazu kam, dass Sie sich von der bis ins 19. Jahrhundert traditionellen Weise, den Menschen darzustellen, entfernt haben und zu Ihrer ganz eigenen und außergewöhnlichen Art der Darstellung gekommen sind.
Giacometti:
Ja, herzlichen Dank für die Einladung. Ich freu mich, dass ich, stellvertretend für die Künstler der Moderne, heute hier sprechen darf. Und wahrlich, lieber Herr Rubens, unsere Darstellungen des Menschen unterscheiden sich kolossal voneinander. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Aber vielleicht hören Sie sich doch erst einmal meine Beweggründe an. Auch ich habe mir die Vorträge und den Hochgesang auf die Antike und die Renaissance angehört. Meine Vorbilder stammen jedoch aus einer Zeit, die noch weiter zurückliegt. Aber folgen Sie mir zu meinem Werk...