Das alte Ägypten – eine Hochkultur?

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Beeindruckende Pyramiden, große Städte mit kunstvoll verzierten Tempeln, prunkvolle Königskrönungen: Das fällt mir ein, wenn ich an das alte Ägypten denke. Geht es dir ähnlich? Das Ägypten der Pharaonen nennt man eine frühe Hochkultur. Ich möchte dir das Leben der Menschen in einer solchen Hochkultur zeigen. Und dabei stellen sich mir so viele Fragen: Was macht eine Hochkultur aus? Streben alle Gesellschaften danach, eine Hochkultur zu sein? Ist Deutschland heute eine Hochkultur? Und ist es schlimm, wenn das nicht so wäre?

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Video: Absoluter Prunk – Eine Pharaonin im Film

Unter den Stichworten 'Cleopatras Einzug in Rom' findest du bei YouTube einen kurzen Ausschnitt aus dem Film 'Cleopatra'. Kleopatra (69-30 v. Chr.) war die letzte Königin des Ägyptischen Reichs.

1. Der Nil erschafft eine Kultur. Oder: Wie abhängig Menschen von ihrer Umwelt sind.

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Der Nil war schon zur Zeit des Ägyptischen Reichs vor einigen tausend Jahren der längste Fluss Afrikas. Er transportierte große Mengen Wasser. Und Wasser bedeutete Leben. Das Wasser des Nils bewässerte die Felder und sorgte für Handel. Der Nil gab den Menschen Fische und war ihr Transportweg.
Welche Bedeutung der Nil hatte, wie er genutzt wurde und das Land geprägt hat, will ich dir zeigen. Versuche am Ende des Kapitels zu erklären, wie der folgende Satz gemeint ist: 'Der Nil prägte das Land.'

Eine Warmzeit verändert das Klima.

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Durch eine Warmzeit entstanden vor ca. 11.000 Jahren Wüsten in verschiedenen Regionen der Erde. Eines dieser Gebiete lag im Norden Afrikas. Die dort lebenden Menschen mussten sich an die neuen Lebensbedingungen anpassen. Die einen wurden Nomaden. Das bedeutet, sie zogen in Gruppen umher. Dabei suchten sie ständig Nahrung und Wasser für ihre Viehherden. Andere Menschen hingegen verließen die ausgetrockneten Gebiete und zogen in die fruchtbaren Täler der Flüsse. Sie wurden dort sesshaft und lebten als Bauern (vergleiche 'Neolithische Revolution' im letzten Kapitel). So begannen die Menschen, sich in den landwirtschaftlich nutzbaren Gebieten am Ufer des Nils niederzulassen. Durch die regelmäßige Überschwemmung weiter Uferlandschaften entstand fruchtbares Ackerland. Eine Versorgung der Bevölkerung konnte dadurch gesichert werden. Die Menschen erkannten schnell, dass ihr Leben vom Wasserstand des Nils abhängig war und richteten Aussaat und Ernte danach aus.

Das Wasser des Nils

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Der Nil brachte den Menschen lebensnotwendiges Wasser. Von Juli bis Oktober kamen in jedem Jahr Überschwemmungen. Das war für die damaligen Menschen kein Unglück. Im Gegenteil. Die Überschwemmungen lagerten große Mengen fruchtbaren Schlamms auf den Feldern ab. Auf diesem Boden bauten die Bauern dann Getreide und Gemüse an. Sie schufen damit den Wohlstand Ägyptens. Wirtschaftlicher Reichtum ist eine wichtige Grundlage für die Entstehung hochentwickelter Kulturen.

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Der Nil wird als Gott verehrt

Der Nil war für Ägypten wie eine Blutbahn – eine Lebensader aus Wasser. Ohne ihn wäre Ägypten nur 'rotes Land', so sagten die ägyptischen Menschen. Damit meinten sie: Es wäre eine trockene, unfruchtbare Wüste.

Deshalb sahen die ägyptischen Menschen im Nil mehr als einen Fluss. Sie schrieben ihm göttliche Eigenschaften zu. Der Gott Hapi war der Gott des Flusses Nil. Er stand auch für die Nilflut sowie für Fruchtbarkeit und Wachstum.

Marcus Ventzke, Institut für digitales Lernen; Anna Wenzl, Sandra Walkshofer.

Diagramm 1: Wasserstände des Nils vor 4000 Jahren

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http://www.nubuk.com/history/aegyptnil.pdf
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Aufgabe 1

Vermute anhand des Diagramms, welche Arbeiten ein ägyptischer Bauer in welchen Monaten verrichtete.

2. Flut, Aussaat, Ernte

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Der Nil stieg regelmäßig auf bis zu 8 Meter an. Er überschwemmte weite Landflächen. Nachdem die Wassermassen abgeflossen waren, blieb fruchtbarer Nilschlamm auf den Feldern zurück. Danach säten und pflanzten die Bauern. Durch das warme Klima konnte schon wenige Monate später Getreide geerntet werden. Andere Feldfrüchte wurden sogar mehrfach im Jahr angebaut.

Die Ägypter hatten drei Jahreszeiten:

  • Aussaat und Wachstum = Peret (Winter/Frühling)
  • Erntezeit = Schemu (Sommer)
  • Überschwemmungszeit = Achet (Spätsommer/Herbst)

3. Es gab auch Probleme mit dem Nil.

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Trotz der Fruchtbarkeit des Nils gab es in Ägypten auch Hungersnöte. Wenn die Überschwemmungen zur falschen Zeit kamen, konnten sie die Ernte vernichten. Blieben sie aber aus oder waren sie zu niedrig, dann war auch die Ernte gering. Der Fluss konnte deshalb für die Bauern Fluch und Segen zugleich sein.

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Quelle 1

Herodot, ein griechischer Geschichtsschreiber, berichtet über eine Ägyptenreise um 450 v. Chr.

Heute freilich gibt es kein Volk auf der Erde, auch keinen Landstrich in Ägypten, wo die Früchte des Bodens so mühelos gewonnen werden wie hier. Sie haben nicht nötig, mit dem Pfluge Furchen in den Boden zu ziehen, ihn umzugraben und die anderen Feldarbeiten zu machen, mit denen die übrigen Menschen sich abmühen. Sie warten einfach ab, bis der Fluss kommt, die Äcker bewässert und wieder abfließt. Dann besät jeder sein Feld und treibt die Schweine darauf, um die Saat einzustampfen, wartet ruhig die Erntezeit ab, drischt das Korn mit Hilfe der Schweine aus und speichert es auf.

August Horneffer (Hg.), Herodot, Historien 2,4, 1955, zitiert nach: Wolfgang Lautermann, Manfred Schlenke (Hg.), Geschichte in Quellen. Altertum, Bd. 1, München 1978, S.15.

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Quelle 2

Lied über den Nil (aus dem 2. Jahrtausend v. Chr.)

Sei gegrüßt Nil, hervorgegangen aus der Erde, gekommen, um Ägypten am Leben zu erhalten! [...] Herr der Fische, der die Zugvögel stromauf ziehen lässt [...] der Gerste schafft und Bohnen entstehen lässt, auf dass er die Tempel festlich ausstatte. Wenn er faul ist, dann werden die Nasen verstopft, und jedermann verarmt. [...] Wenn er habgierig ist, ist das ganze Land krank, Große und Kleine wandern. [...] Beständig an Regeln, kommt er zu seiner Zeit, Ober- und Unterägypten zu füllen. Der die Menschen kleidet mit dem Flachs, den er geschaffen hat [...]. Alle Erzeugnisse werden aus ihm hervorgebracht; (selbst) alle Bücher von Hieroglyphen: (denn) er versorgt mit Papyrus. Fließe, Nil! Man opfert dir [...]. Komm nach Ägypten! [...] Auf, Verborgener! Der Menschen und Tiere am Leben erhält mit seinen Gaben des Feldes.

Ober- und Unterägypten: Die Ägypter teilten ihr Land in Oberägypten (der südliche Teil, der höher liegt) und Unterägypten (der nördliche Teil, der tiefer liegt) ein.
Flachs: Eine Pflanze, aus deren Fasern Leinen (ein Stoff für Kleider) hergestellt werden kann
Hieroglyphen: ägyptische Schriftzeichen (siehe Kapitel 1.7)
Papyrus: Vorläufer des Papiers in Ägypten (siehe Kapitel 1.7)

Jan Assmann (Hg.), Ägyptische Hymnen und Gebete. Zürich 1975, S.500 ff.

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Aufgabe 2

Lies dir die beiden Quellentexte aufmerksam durch.

  1. Markiere in Quelle 'Lied über den Nil' solche Passagen, die den Nil als ein Geschenk für die Bauern darstellen.
  2. Markiere nun andere Passagen, die zeigen, welche Probleme der Nil verursachen konnte.
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Aufgabe 3

Versetze dich in die Lage eines ägyptischen Bauern.

  • Stelle die Sichtweise Herodots auf das Leben in Ägypten dar.
  • Nutze dabei auch die markierten Informationen aus der Quelle 'Lied über den Nil'.

4. Ägyptische Bauern organisieren ihre Arbeit.

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§ PDBYSA

Galerie: Ägyptische Bauern bei der Feldarbeit

Ein ägyptischer Bauer schöpft mit einem Schaduff Wasser aus dem Nil auf seine Felder. Ein Schaduff ist ein Hebekran, mit dem Wasser aus Brunnen oder Flüssen geholt werden kann.

§ PDBYSA

Galerie: Ägyptische Bauern bei der Feldarbeit

Ägyptische Bauern bei der Feldarbeit (Grabmalerei im Grab des Nacht)

Die Bauern Ägyptens waren abhängig vom Nil und richteten ihr Leben nach seinem Wasserstand. Sie mussten das Land so aufteilen, dass das Wasser gut verteilt werden konnte. Sie bauten Vorratslager, um die Ernte zu speichern. Sie schrieben auch auf, welche Vorräte sie hatten, wo sie gelagert und an wen sie verkauft wurden.

Das alles sind Dinge, mit denen die ägyptischen Bauern ihr Leben verbesserten. Sie sind aber zugleich viel mehr: Errungenschaften der Menschheit.

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§ PDBYSA